Die Hilfsaktion Märtyrerkirche ist das Hilfswerk für verfolgte Christen, das von der verfolgten Gemeinde selbst gegründet wurde. Der lutherische Pfarrer Richard Wurmbrand – geboren am 24. März 1909 in Bukarest - verbrachte insgesamt mehr als 14 Jahre wegen seines Glaubens in verschiedenen rumänischen Gefängnissen. Sein Glaube und seine Missionstätigkeit in der Bevölkerung waren die einzigen Anklagepunkte. 1964 kam Richard Wurmbrand aus dem Gefängnis frei. Im darauffolgenden Jahr gelang es, ihn gegen eine Art Lösegeld freizukaufen. Dann schrieb Richard Wurmbrand sein Buch „Tortured for Christ“, zu deutsch „Gefoltert für Christus“.
„Ich habe jedem in Freiheit lebenden Christen eine Botschaft zu bringen von der unterdrückten Kirche hinter dem Eisernen Vorhang“, so beginnt er sein Buch. Ohne beschönigende Worten schildert er die unmenschlichen Methoden des Systems, geht dabei immer wieder auf erschütternden Einzelschicksale ein. „Dieses Buch ist nicht so sehr mit Tinte geschrieben“, sagt er, „vielmehr mit dem Blut verwundeter Herzen.“
1967 begann er mit dem offiziellen Aufbau der Mission, weltweit als Voice of the Martyrs bekannt. 1969 wurde die Arbeit Deutschland als Verein anerkannt; und die Hilfsaktion Märtyrerkirche wurde hinfort zur „Stimme der Märtyrer“ im deutschsprachigen Raum.
Natürlich gab es auch Kritik (controversy). Daran war Richard Wurmbrand gewöhnt. Ihm war es wichtig, dass aus all den Berichten und Zeugnissen über inhaftierte Christen „Jesus Christus sichtbar werden (soll), der uns im Glauben erhielt und die Kraft zum Überwinden verlieh.“
Wurmbrand ging es stets darum, weniger über Leiden als solche zu berichten, sondern davon zu erzählen, wie alle Not im Aufblick auf Jesus überwunden werden kann.
Im letzten Teil des Buches kommt Wurmbrand auf sein eigentliches Anliegen zurück, dessentwegen er sich aus Rumänien freikaufen ließ und nach Norwegen floh. Richard und Sabina Wurmbrand waren eigentlich nicht bereit, ihr Land zu verlassen, aber etliche leitende Brüder der Untergrundkirche baten Richard dringend, die Möglichkeit zu ergreifen und so zur „Stimme der Untergrundkirche“ im Westen zu werden. Er wurde mit der Aufgabe betraut, stellvertretend „für eine zum Schweigen gebrachte Kirche, die Kirche im Untergrund, für die stumme Kirche, die keine Stimme zum Sprechen hat“ zu reden.
So richtet er seinen Appell an alle freien Christen in den westlichen Ländern, damit sie nicht länger Augen und Ohren verschließen: „Hört das Schreien eurer Brüder und Schwestern in kommunistischen Ländern! Verlasst uns nicht! Vergesst uns nicht! Helft uns!“
Als Hilfswerk, das von verfolgten Christen selbst gegründet wurde und seinen Auftrag im „Stimme-sein“ sieht, wissen wir, die verfolgte Gemeinde ist kein Bittsteller, sondern durch die Segen bringenden, mutigen Glaubenszeugnisse der bedrängten Gemeinde Vorbild für uns.
Christen, die in Freiheit leben, werden durch das Vorbild der verfolgten Gemeinde aufgefordert, eindeutiger in der Nachfolge Jesu zu leben – und dann aber auch den um ihres Glaubens willen Bedrängten beizustehen. Das ist wichtig, denn täglich erschüttern neue Schreckensmeldungen von verfolgten Christen diejenigen Mediennutzer, die zuhören und sich informieren.
Der Iran, Vietnam, Saudi-Arabien, Indien, Korea ... die Liste der Länder, in denen Christen ihren Glauben nicht frei ausüben können, ist lang. Verschiedene Systeme unterdrücken die Gemeinde Jesu, weil sie sie als Gefahr für ihre Regierungsform ansehen. So handelte der Kommunismus auch in den damaligen Ostblockländern.
Was können wir Christen hier angesichts dieser Not tun? Wurmbrand nennt konkrete Maßnahmen:
Das Leben wirklich im Glauben leben. Also ein Leben leben, das nicht nur aus Worten, sondern vielmehr aus Taten besteht. So werden wir als Christen auch Vorbilder für andere sein können.
Mutig leben und „öffentlich die Stimmen zu erheben, wann immer Christen verfolgt werden.“
Mit offenen Augen leben und helfen, wo Hilfe gebraucht wird. Und vor allem da helfen, wo Christen leiden. Die bedrängte Gemeinde braucht praktische Hilfe: Medizin, Schutz, dringend benötigte Bibeln. Wurmbrand berichtet von Seelsorgern, die seit fünfzig Jahren keine Bibel mehr in der Hand hielten.
Beter werden. Die stärkste Waffe ist das Gebet. Beten wir aber nicht allein für die verfolgte Kirche, sondern vielmehr verstärkt auch für ihre Verfolger. „Wenn wir Christen sind, müssen wir sie lieben.” Wurmbrand ist der Überzeugung, dass nur auf diese Weise auch der Kommunismus überwunden werden kann.
Die Bibel wurde geschrieben von Menschen, die Gott begegnet sind. Heute begegnen Menschen, die sie lesen, Gott.
In der Bibel sind „Worte des Lebens“ zu finden, Worte der Weisheit, voller Trost und lebensverändernder Kraft. Es sind heilende, rettende Wahrheiten die uns die Bibel bringt. Segenbringende Worte.
In der Bibel redet Gott zu uns Menschen. So schreibt Jesaja: „Gott, der HERR, weckt Morgen für Morgen in mir das Verlangen, von ihm zu lernen wie ein Schüler von seinem Lehrer“ (Jesaja 50,4). Ja, durch die Bibel will Gott mit uns in einen Dialog treten – es liegt an uns, ob wir uns ansprechen lassen und ob wir ihm antworten durch unser Leben und unsere Gebete.
Aus der Bibel geben uns insbesondere die folgenden Verse für unsere Arbeit Orientierung und Weisung:
Jesus spricht: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich. (Johannes 14,6) Gerade an diesem Absolutheitsanspruch Jesu entzündet sich der Widerspruch und letztlich der Hass der Welt.
Kümmert euch um alle, die wegen dieses Bekenntnisses gefangen sind. Sorgt für sie wie für euch selbst. Steht den Christen bei, wenn sie verhört und misshandelt werden. Leidet mit ihnen, als würden die Schläge euch treffen. (nach Hebräer 13,3) Hier zu helfen sind wir aufgerufen.
Jesus ist „der Weg“ und der führte ihn ans Kreuz. Jesus ist „die Wahrheit“ und starb doch zwischen Verbrechern. Jesus ist „das Leben“ und doch wurde sein lebloser Körper am Tag der Kreuzigung in ein Grab gelegt. Welchen Weg will ich in dieser multioptionalen Gesellschaft einschlagen? Wem kann man heute überhaupt noch vertrauen? Ist es nicht die tiefste Sehnsucht des Menschen nach echtem Leben? Jesus greift die drei Grundfragen unseres Lebens auf: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!“
Jesus Christus leuchtet uns nicht den Weg. Er ist der Weg. Jesus lehrt uns nicht die Wahrheit. Er ist die Wahrheit. Jesus zeigt uns nicht einen way of life, ein Lebensmodell. Er ist das Leben.
Um dieses Absolutheitsanspruchs wegen hat die Gemeinde am Leiden um Jesu willen teil – entweder direkt in der Verfolgung oder indirekt, indem sie sich um die Verfolgten kümmert und durch ihr Vorbild lernt.
So schreibt Paulus an die Gemeinde: „Die meisten Brüder in dem Herrn haben durch meine Gefangenschaft Zuversicht gewonnen und sind umso kühner geworden, das Wort zu reden ohne Scheu.“ (Philipper 1,12-14)
Verfolgung kann die Jesusbewegung nicht aufhalten. Die erste Gemeinde fand im Blick auf die Größe Gottes neuen Mut. Durch Psalm 2 erkannten sie: Gegenwind ist normal (Apostelgeschichte 4,25-26).
Widerstand gehört zu Gottes Heilsplan. Deshalb bitten sie nicht darum, dass der Gegenwind aufhört, sondern dass sie sich davon nicht einschüchtern lassen und ohne Hemmungen weiter davon erzählen, dass Jesus den Tod überwunden hat (Apostelgeschichte 4,33).
Gottes Antwort auf ihre Bitte ist, dass er ihnen eine neue Fülle des Heiligen Geistes schenkt, die sogar die Erde erzittern lässt (Apostelgeschichte 4,31). Denn wovon das Herz erfüllt ist, das spricht der Mund auch aus (Lukas 6,45). Deshalb wünschen Verfolgte: „Betet nicht für uns, sondern mit uns: Dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.“
Menschen sollen Gott erleben und nicht nur überleben.
Bekennen ist unser Auftrag. Jesus sagt: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde.“ (Apostelgeschichte 1,8)
Als Christ in dieser Welt brauchen wir Mut. Wir brauchen Mut, unser Vertrauen ganz auf Jesus zu setzen. Wir brauchen Mut, anderen Menschen in Liebe zu begegnen und sie zum Glauben einzuladen. Wir brauchen Mut, Überzeugungen zu vertreten, die nicht mehrheitsfähig sind. Ein Christsein, das andere anstecken will, muss mutig sein. Aber wie können wir mutige oder mutigere Christen werden? Wo finden wir Mut, wenn uns die Mutlosigkeit überwältigen will?
Das Zeugnis der bedrängten Gemeinde lässt den Funken überspringen! Das Zeugnis der bedrängten Gemeinde ist ein Vorbild, das wir nachahmen können. Jetzt wollen wir selbst Zeugen werden und sein – in der Kraft des Heiligen Geistes, da, wo Gott uns hingestellt hat.
So ergibt sich ein Segenskreislauf, eine Gemeinschaft im Geben und Nehmen: „Jetzt helfe euer Überfluss ihrem Mangel ab, damit danach auch ihr Überfluss eurem Mangel abhelfe und so ein Ausgleich geschehe.“ (2. Korinther 8,14)
Wo Christen selbst ermutigt werden, da sind sie auch motiviert zu spenden. So wird durch die Hilfe der HMK die bedrängte christliche Gemeinde gestärkt. Vielfach üben sich die verfolgten Christen dann noch in Nächstenliebe. Sie zeigen ihnen oft feindlich gegenüberstehenden Bevölkerungsgruppen ganz praktisch die Liebe Jesu.
Mit solcher Glaubenserfahrung ermutigen und stärken die bedrängten Christen dann wieder die Christen in den Kirchen der „freien Welt“. Es ist ein Kreislauf, ein geistlicher Austausch im Geben und Nehmen.
Darum geht es uns. Und nur darum. Wir wollen verfolgten Christen helfen. Wir wollen das Evangelium fördern und in Liebe weitergeben. Und wir wollen lernen. Kurz: Wir wollen helfen und lernen.
Dafür arbeiten wir. Dafür beten wir. Darum ringen wir. Und so fördern wir das Evangelium durch unsere Arbeit, indem wir verfolgten Christen helfen und einladen, von ihnen zu lernen.
Perdana lebt in Indonesien. Sie war streng muslimisch erzogen worden und hatte keinerlei Interesse am christlichen Glauben. Sie betonte sogar immer wieder, wie sehr ihr das Christentum missfiel. Jedes Mal, wenn ihr ein Evangelist vom Evangelium erzählen wollte, wies sie das energisch zurück. Doch Gott ist geduldig und wartet auf den richtigen Moment, um in das Herz eines Menschen zu sprechen. Er bereitete Perdana vor.
Gott verändert ein Herz
Der Arbeitgeber ihres Vaters empfahl, Perdana auf eine christliche Schule zu schicken, da sie durch den dortigen Schulabschluss bessere Chancen auf eine gute Arbeitsstelle hätte. Als sie dort einen Evangelisten traf, beschloss Perdana, ihn herauszufordern: „Wenn deine Religion meine Familie zu einem Religionswechsel bringen kann, dann werde ich auch konvertieren!“ Perdana setzte ein breites Grinsen auf, da sie nicht im Traum daran dachte, dass dies jemals geschehen könnte.
Dann kam ein Samstag, an dem Perdana zur Schule gegangen war, um einen speziellen Kurs zu besuchen – aber er fiel aus. Als sie gerade wieder gehen wollte, hörte sie, wie andere Schüler nebenan ein christliches Lied sangen. Perdana konnte sich nicht losreißen und die Melodie berührte ihr Herz. Schließlich begann sie zu weinen. Eine Mitschülerin kam, um Perdana trösten. Eine andere setzte sich zu Perdana und erklärte ihr das Evangelium und dass es Heilsgewissheit gibt.
Doch plötzlich kamen alle ihre muslimischen Überzeugungen wieder in ihr hoch und sie sagte energisch: „Nein, das kann nicht sein! Oder wie erklärt ihr, dass man nur an eine Person glauben muss und dadurch Heilsgewissheit hat? Wir Muslime beten fünf Mal am Tag und wissen nicht, wo wir nach dem Tod landen.“
Als Perdana an diesem Abend betete, war alles anders. Sie hörte die Worte: „Bete zu keinem anderen Gott außer dem von Abraham und Jakob.“
Eine Woche später erhielt sie eine Bibel von einer Mitschülerin. Perdana begann, die Bibel mit dem Koran zu vergleichen. Nach und nach verstand sie. Als sie Jesus ihr Leben anvertraute, wurde sie immer glücklicher und verspürte Ruhe und Frieden im Herzen.
Von der Familie verfolgt
Eines Tages stand plötzlich ihr Vater im Raum. Als er die Bibel sah, wurde er sehr wütend und begann, Perdana zu schlagen und auf der Bibel herumzutrampeln. Danach holte er einen Eimer Wasser, den er über Perdana schüttete. Ihre Mutter sah alles mit an, sagte aber aus Furcht kein Wort.
Am nächsten Tag reichte Perdanas Vater ihr etwas Wasser zum Trinken. Das tun Väter in der indonesischen Kultur eigentlich nicht. Perdana dachte, er wollte einfach nur freundlich zu ihr sein. Aber sie hatte sich getäuscht. Er war zu einem Medizinmann gegangen und hatte sich Gift besorgt. Er wollte Perdanas töten. Perdana trank das Wasser und hörte dabei das Wort: „Obwohl du das trinkst, wirst du nicht sterben.“ Als eine ganze Weile nichts geschah, nahm Perdanas Vater ihre Hand und fragte sie: „Was ist los mit dir? Welche Kraft trägst du in dir?“ Danach war er es, der auf dem Boden zusammenbrach.
Ein neues Leben beginnt
Perdana hörte die Worte: „Leg deine Hand auf deinen Vater.“ Er stand auf und rief: „Gott, bitte vergib mir! Jesus, ich will dir folgen!“ Die ganze Familie hatte das Geschehen beobachtet. Perdanas Vater sagte zu ihnen mit entschlossener Stimme: „Wir werden Jesus nachfolgen.“ Perdana konnte es kaum fassen. Gott hatte die ganze Familie zu sich gezogen. Von diesem Tag an beteten sie gemeinsam fünf Mal am Tag – zu Jesus!
Als die Nachbarn vom neuen Glauben der Familie erfuhren, begann sofort die Ausgrenzung und Verfolgung. Die Familie wurde gemieden und verleumdet. Es wurden sogar menschliche Exkremente an ihre Hauswand geschmiert.
Evangelisation im Herzen
Perdana besuchte eine zweijährige Bibelschule, evangelisiert überall, kaufte Obst und Gemüse ganz bewusst von armen muslimischen Händlern, um dann mit ihnen über Jesus zu reden. Es entstand eine Gemeinde, die schnell auf siebzig Glieder anwuchs.
Evanglisation ist Perdanas Leidenschaft. Auf mehreren Missionsreisen in die indonesische Provinz West Papua wurden Mordanschläge auf sie geplant. Ein Dorfältester vergiftete ihr Essen. Perdana überlebte, leidet nun jedoch an einem permanenten Nierenleiden und muss wöchentlich zu einer besonderen Behandlung. Trotzdem sagt sie das Wort Gottes überall weiter. Auch Drohungen, Schikanen und körperliche Gebrechen können ihre Leidenschaft für Jesus und die verlorenen Menschen nicht auslöschen. Ihr tägliches Gebet ist: „Herr, gebrauche mich.“
Der Verein „Hilfsaktion Märtyrerkirche“ (HMK) mit Sitz in Uhldingen-Mühlhofen erhält am 3. Juli in Wetzlar den diesjährigen „Stephanus-Sonderpreis für verfolgte Christen“. Die Organisation ist mit 170 Projekten in rund 50 Ländern dort tätig, wo die Gemeinden in Bedrängnis leben. Das überkonfessionelle Hilfswerk agiert unabhängig, und seine Aktivitäten werden durch Spenden getragen.
Die HMK wurde 1969 von dem rumänischen lutherischen Pastor Richard Wurmbrand gegründet. Er wurde 1909 in Bukarest in eine deutsch-jüdische Familien hineingeboren, war aber in jungen Jahren Atheist, bevor er im Alter von 28 Jahren zum christlichen Glauben fand. Später versteckte er Juden vor der Verfolgung. Im Jahr 1948 geriet er in die Mühlen des kommunistischen Regimes, das ihn verhaftete, folterte und insgesamt 14 Jahre einsperrte. Von diesen Erfahrungen berichtete er in seinem ersten Buch „Gefoltert für Christus“. Wurmbrand ging es stets darum, weniger über diese Leiden als solche zu berichten, sondern davon zu erzählen, wie die Nöte im Aufblick auf das Kreuz Christi überwunden werden können. (www.stephanus-stiftung.org)
Die HMK bleibt dem Erbe verpflichtet von Richard und Sabina Wurmbrand und ihrem Sohn Michael Wurmbrand German Mission – in einer weltweiten Missionsfamilie – zu sein. Weltweit ist die HMK auch bekannt als Voice of the Martyrs Germany.